Die Briefe des Johannes

Der erste Brief des Johannes

Der erste Johannesbrief ist nicht im eigentlichen Sinn ein Brief wie der zweite und dritte Johannesbrief, da die typischen Elemente der antiken Briefliteratur (Einleitung mit Absender- und Adressatenangabe; Briefschluss mit Grußlisten) fehlen. Allerdings versteht der Verfasser das Schreiben entsprechend den gebrauchten Anredeformen durchaus als Brief.

Aufbau

Der erste Johannesbrief ist kunstvoll unterteilt:

1 Joh 1,1-4        Vorrede bzw. Prolog
1 Joh 1,5-2,17    Gemeinschaft mit Gott und Gotteserkenntnis
1 Joh 2,18-27     Festhalten am Bekenntnis zu Christus; Abwehr der Antichriste
1 Joh 2,28-3,24  Gotteskindschaft und Aufruf zu tätiger Nächstenliebe
1 Joh 4,1-21      Unterscheidung der Geister; Vollendung des Glaubens in der
                           Liebe
1 Joh 5,1-12       der wahre Glaube als Sieg über die Welt und Weg zum Leben
1 Joh 5,13         ursprünglicher Briefschluss
1 Joh 5,14-21     sekundärer Nachtrag zum Thema Sünde und ewiges Leben

Entstehung

Der erste Johannesbrief ist stilistisch, sprachlich und theologisch eng mit dem Johannesevangelium verbunden. Dennoch kann man aufgrund der Unterschiede zwischen 1 Joh und Joh nicht von einem Verfasser ausgehen. Vielmehr wird man sagen können, dass der Verfasser des 1 Joh mit dem Kreis in Verbindung steht, der die Endredaktion des Johannesevangeliums durchgeführt hat („johanneische Schule“). Daher dürfte der erste Johannesbrief gegen Ende des 1. Jh.s n. Chr. verfasst worden sein.

Inhalt

Der erste Johannesbrief wendet sich gegen Irrlehrer, die in der Gemeinde auftreten und behaupten, dass die Fleischwerdung Christi (vgl. 1 Joh 4,2-3) und sein Heilstod am Kreuz (vgl. 1 Joh 5,6-7) für die Christen keine Relevanz haben. Für diese Irrlehrer hat Christus durch sein Kommen in die Welt das Heil gebracht, in dessen Besitz sie sich nun glauben. Aus Letzterem ziehen sie den Schluss, dass der Heilszuspruch Gottes in Jesus Christus keine Konsequenzen für das alltägliche Leben eines Christen hat.
Der Verfasser des ersten Johannesbriefs färbt seine Kritik an die Irrlehrer apokalyptisch ein („Antichriste“) und unterstreicht damit, dass er und auch seine Adressaten in der Endzeit leben. Daher gilt es standhaft zu bleiben im Glauben an Jesus Christus als den Sohn Gottes, der nicht nur wahrer Mensch geworden ist, sondern dessen Botschaft auch Konsequenzen für das alltägliche Handeln des Christen hat. So bildet die Nächstenliebe („Bruderliebe“) das charakteristische Wesensmerkmal des christlichen Glaubens, die sich z.B. in der materiellen Unterstützung der Armen in der Gemeinde realisiert.
 

Der zweite Brief des Johannes

Mit seinen dreizehn Versen und dem Briefformular antiker Briefe entspricht der zweite Johannesbrief antiken Briefen, die auf einem Papyrusblatt Platz haben. Der Verfasser nennt sich selbst „Presbyter“ (Ältester) und weist damit auf seine den Adressaten bekannte Autorität hin. Nähere Angaben über den Verfasser fehlen.
Der Brief ist nach 2 Joh 1,1 „an die auserwählte Herrin und ihre Kinder“ gerichtet, womit eine christliche Gemeinde mit ihren einzelnen Gliedern gemeint ist.

Aufbau

Der Brief unterteilt sich wie folgt:

2 Joh 1-3     Anschrift mit Gruß
2 Joh 4-6     Leben in der Wahrheit
2 Joh 7-11    Warnung vor Irrlehrern
2 Joh 12-13  Schlussgrüße

Entstehung

Der zweite Johannesbrief weist viele stilistische und thematische Übereinstimmungen zum ersten und dritten Johannesbrief auf. Möglicherweise gehen alle drei Briefe auf einen Autor zurück, mit großer Wahrscheinlichkeit aber der zweite und der dritte Johannesbrief.
Der zweite Johannesbrief dürfte kurz nach dem ersten Johannesbrief Ende des 1. Jh.s n. Chr. verfasst worden sein. Als Abfassungsort kommt der östliche Mittelmeerraum in Betracht.

Inhalt

Zwei Themen stehen im Mittelpunkt des Briefs: Zunächst geht es in 2 Joh 4-6 um ein Leben in der Wahrheit, das wiederum eine enge Gottesverbundenheit beinhaltet. Dieses Leben findet seine Erfüllung in der Liebe, welche sich in der christlichen Nächstenliebe konkretisiert. So gehören Glaubensüberzeugung und Glaubenspraxis zusammen.
Als zweites Thema erscheinen wie im ersten Johannesbrief wieder die Irrlehrer, die die Fleischwerdung Jesu Christi ablehnen. Da ihre Auffassung der tradierten Lehre widerspricht und eine argumentative Auseinandersetzung mit der Auffassung der Irrlehrer nicht stattfindet, wird ihnen die Gastfreundschaft und letztlich jeglicher soziale Kontakt verweigert.
 

Der dritte Brief des Johannes

Wie der zweite Johannesbrief stammt auch der dritte Johannesbrief von einem „Presbyter“ (Ältester). Im Unterschied zum zweiten Johannesbrief ist der dritte Johannesbrief aber persönlich gehalten, da er an einen gewissen „Gaius“ adressiert ist (vgl. 3 Joh 1). Gaius gehört zu den wenigen Vertrauensleuten, die der Presbyter noch in der Gemeinde hat, zu der Gaius gehört.

Aufbau

Der dritte Johannesbrief untergliedert sich entsprechend eines antiken Briefs:

3 Joh 1-4     Wohlergehenswünsche; Angaben zum Absender und Adressaten
3 Joh 5-8     Unterstützung von Missionaren
3 Joh 9-10    Auseinandersetzung mit Diotrephes
3 Joh 11-12   Empfehlung für Demetrius
3 Joh 13-15   Schlussgrüße

Entstehung

In 3 Joh 9 findet sich die Notiz, dass der Presbyter zuvor schon einen Brief an die Gemeinde des Gaius gesandt hat. Falls dieser Brief mit dem zweiten Johannesbrief identisch ist (zumindest stammen beide Briefe vom selben Verfasser), dann ist der dritte Johannesbrief in zeitlicher Nähe zum zweiten Johannesbrief verfasst worden. Insofern ist der dritte Johannesbrief auch am Ende des 1. Jh.s n. Chr. entstanden. Abfassungsort könnte wie der zweite Johannesbrief der östliche Mittelmeerraum sein.

Inhalt

Im Mittelpunkt des Briefs steht der Machtkampf des Presbyters mit einem gewissen Diotrephes. Letzterer muss eine einflussreiche Persönlichkeit in der Gemeinde sein, zu der auch Gaius gehört. Dieser Diotrephes agiert gegen den Presbyter und seine Anhänger. Zudem verweigert er den Missionaren, die nicht aus der Gemeinde stammen, die Gastfreundschaft. Deshalb setzt sich der Presbyter nachhaltig für die Unterstützung der Missionare ein. Ebenfalls wird Gaius von ihm aufgefordert, das Gute zu tun und nicht in die Fehler des Diotrephes zu verfallen.
Der dritte Johannesbrief geht noch nicht von festen Gemeindestrukturen aus. Eine große Bedeutung scheinen zu dieser Zeit noch die Wandermissionare gehabt zu haben.

Aus unserer Zeitschrift "Bibel heute"