Christlich und sensibel für das Judentum – nicht Widerspruch, sondern Anspruch – Bibel heute zeigt, wie es in der Praxis gehen kann!
Stuttgart, 29.07.2025 Der Gott der Liebe ist keine Erfindung Jesu und kein Alleinstellungsmerkmal des Christentums. Tatsächlich besteht die christliche Bibel zu mehr als zwei Dritteln aus jüdischen Texten. … Dennoch sind judenfeindliche Auslegungen und antisemitische Tendenzen in christlicher Theologie, kirchlicher Praxis und Gesellschaft bis heute stark verbreitet, nehmen sogar zu. Die aktuelle Ausgabe von Bibel heute (Nr. 242) bezieht eindeutig Position: Eine judentumssensible Theologie und Gemeindepraxis ist für Christinnen und Christen nicht Kür, sondern Pflicht!
Fast die Hälfte der erwachsenen Weltbevölkerung vertritt laut ADL-Antisemitismus-Index 2024 antisemitische Ansichten. Der Anteil von Christinnen und Christen daran ist nicht zu unterschätzen: Bis heute prägen latent oder offensichtlich judenfeindliche Aussagen große Teile christlicher Bibelauslegung und Theologie. Wie kann dem argumentativ begegnet werden? Wie können christliche Gemeinden antisemitischen Tendenzen entgegenwirken? Klare Antworten und verständliche Argumentationshilfen formuliert die aktuelle Ausgabe von Bibel heute (Nr. 242) zum Thema Antisemitismus.
Die leitende Redakteurin Bettina Wellmann betont: „Wir wollen befähigen, jüdische Perspektiven auf einen Bibeltext zu kennen und zu verstehen. Das ist wichtig, um in Predigt und Bibelarbeit zu widersprechen, wenn bei der Auslegung von Bibeltexten jahr(hundert)elange judenfeindliche Schwarzweißmalerei weitertransportiert wird.“
Wie das gehen kann, zeigt Karoline Ritter in ihrem Beitrag am Beispiel des biblischen Sabbatgebots: Im zweiten Kapitel des Markusevangeliums diskutiert Jesus mit einer Gruppe Pharisäer die Frage, ob am Sabbat Ähren geerntet werden können. Für die christliche Aus-legung nimmt Jesus in diesem Streit vielfach die Rolle eines unkonventionellen Denkers der Freiheit ein, während die jüdischen Pharisäer die starrsinnige Befolgung des Gesetzes repräsentieren. Eigentlich ringen hier jedoch Jesus als jüdischer Rabbi und die Gruppe der Pharisäer gemeinsam um die Auslegung der Tora und des Sabbatgebots. Die Gemeinsamkeiten sind verblüffend: „Der berühmte Satz ‚Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat‘ (Markus 2,27) findet sich entsprechend genauso in der rabbinischen Tradition“, stellt Karolin Ritter fest.
Weitere Beiträge nehmen Passagen aus dem Lukas- und dem Johannesevangelium sowie aus dem Römerbrief des Paulus unter die Lupe und bieten eine judentumssensible Lektüre an, die den biblischen Texten und ihrem Entstehungskontext gerecht wird. Wie Katharina von Kellenbach betonen alle Autor:innen: „Paulus war und blieb Jude, so sehr wie Jesus von Nazaret und alle anderen aus der Nachfolgegemeinschaft.“
„Wir haben als Glaubensgeschwister die Verantwortung, Jüdinnen und Juden darin zu unterstützen, in Gesellschaft und Kirche sicher und sichtbar zu sein.“ (Bettina Wellmann) Hilfreich sind hierfür Best-Practice-Beispiele zum Umgang mit antijüdischen Bildwerken in und an Kirchen zum Aktivwerden in der eigenen Gemeinde. Der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann untersucht ausgewählte liturgische Texte, beispielsweise die „Karfreitagsfürbitte für die Juden“, und lädt zu einem aufmerksamen Weiterdenken ein.
Der Rabbiner Levi Israel Ufferfilge empfiehlt im Interview: „Ich würde nahelegen: weniger Scham, ebenso weniger Apologetik, mehr offene und kritische Reflexion, mehr Einordnung und Kommentar und mehr Handeln bei roten Linien.“ Dabei will die aktuelle Ausgabe von Bibel heute in neuem Layout, mit fundierten Analysen, verständlichen Argumentationshilfen und weiterführenden Materialien alle Interessierten in Kirche und Gesellschaft unterstützen. Der Anspruch ist: christlich und judentumssensibel!
Die neue Rubrik „Klartext: Was sage ich, wenn“ bietet Antworten auf fundamentalistische Bibelauslegungen. In der Bibelwissenschaft und im christlich-jüdischen Gespräch ist längst klar, dass beide Religionen auf das Grundprinzip der Gottes- und Nächstenliebe aufbauen. Katrin Brockmöller legt den Finger in die Wunde: „Wer behauptet das Liebes-gebot Jesu sei von Jesus erfunden, verschweigt die jüdische Wurzel des Gebotes und verstärkt Antisemitismen.“
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Mehr erfahren:
Inhalt „Antisemitismus“ (Bibel heute 2/2025)
Was ist Antisemitismus?
Einblick
Im Gespräch mit Rabbiner Levi Israel Ufferfilge
Zwischen Klischees und Antisemitismus
Jüdische Erfahrungen in Deutschland
Karoline Ritter
So frei sein
Das Sabbatgebot lesen ohne Abwertung des Judentums (Exodus 20,9 – 10 / Markus 2,23 – 28)
Thomas Schumacher
Judenfeindliche Aussagen in Römer 9 – 11?
Wie manche Passagen neu bewertet werden müssen
Thomas Schumacher
Nicht nur Jesus war Jude, auch Paulus
Ein neuer Blick auf den Apostel
Katrin Brockmöller
Was sage ich, wenn …
Antworten auf fundamentalistische Bibelauslegungen
Alexandra Grüttner-Wilke
Das Mädchen und Anne Frank
In der Mitte
Benedikt Kranemann
Nicht Kür, sondern Pflicht
Was ist notwendig, um Sensibilität gegenüber dem Judentum in der Liturgie wachzuhalten?
Thomas Schumacher
Ein Evangelium als Wiege des Antisemitismus
Die kollektive Rede von „den Juden“ bei Johannes
Katharina von Kellenbach
Von den Tücken einer Metapher
Wie soll man die Beziehung zwischen Judentum und Christentum in einfache Bilder fassen?
Claudia Janssen
Drinnen oder draußen?
Der zwölfjährige Jesus im Tempel in Kunst und Bibelübersetzungen (am Bild zu Lukas 2,49)
Marie Theres Wacker, Claudio Ettl, Paula Greiner-Bär, u.a.
Muss das weg?
Wie können Gemeinden mit antijüdischen Bildwerken in und an Kirchen umgehen?
Leserbriefe
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Antisemitismus
Bibel heute 242 (2/2025), 36 S., € 9,80,
ISBN 978-3-948219-89-5
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