Die Briefe an die Thessalonicher

Der erste Brief an die Thessalonicher

Mit diesem Brief liegt die älteste Schrift des Neuen Testaments vor. Zugleich ist er der älteste uns erhaltene Paulusbrief. Paulus hat auf seiner zweiten Missionsreise zusammen mit Timotheus um 50 n. Chr. die christliche Gemeinde in Thessalonich gegründet. Zurzeit der Abfassung des Briefs war Thessalonich Hauptstadt der kaiserlichen Provinz Mazedonien und Sitz des römischen Prokonsuls. Die christliche Gemeinde in dieser lebendigen Handelsstadt bestand überwiegend aus Heidenchristen.

Aufbau

Der erste Thessalonicherbrief ist zweigeteilt: Nach Anschrift und Gruß (1 Thess 1,1) wird im ersten Teil (1 Thess 1,2-3,13) voller Dankbarkeit auf die Gründung der christlichen Gemeinde zurückgeschaut. Fürbitte und Ermutigung finden sich auch in diesem Teil des Briefs. Der zweite Teil (1 Thess 4,1-5,22) enthält Mahnungen und Belehrungen zu aktuellen Fragen (4,1-12: das Zusammenleben der Gemeindemitglieder; 4,13-18: das Schicksal der Verstorbenen; 5,1-11: der Tag des Herrn ist nahe; 5,12-22: der Aufbau der Gemeinde). Der Brief schließt in 5,23-28 mit Segenswünschen und Grüssen ab.

Entstehung

Kurze Zeit nach Gründung der Gemeinde in Thessalonich muss Paulus die Stadt unfreiwillig verlassen. Von Athen aus schickt er Timotheus nach Thessalonich, weil er sich Sorgen um die junge christliche Gemeinde macht (u.a. Bedrängnisse durch die Mitbürger). Timotheus kommt mit guten Nachrichten nach Korinth, wo sich auch Paulus aufhält. Daraufhin verfasst Paulus um 50/51 n. Chr. den ersten Brief an die Thessalonicher.

Inhalt

Der erste Thessalonicherbrief ist ein pastorales Schreiben. Es werden unterschiedliche seelsorgliche Themen behandelt. Paulinische Themen, die u.a. im Römerbrief, in den beiden Briefen an die Korinther, im Brief an die Galater oder im Brief an die Philipper ausführlich behandelt werden, liegen hier erst in Ansätzen vor. Im Mittelpunkt steht die endzeitliche Errettung durch Jesus Christus. Die christliche Gemeinde soll sich der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Jesu  („Parusie“) bewusst bleiben und als „Erwählte“ danach auch den Alltag gestalten.
Der Sorge um die verstorbenen Gemeindemitglieder angesichts der Parusie Jesu begegnet Paulus mit der Zusage, dass alle nach dem Tod mit Jesus Christus vereinigt sein werden. Der Gott Jesu Christi ist nämlich ein treuer Gott, der in gleicher Weise den Lebenden und den Verstorbenen zugetan ist.
 

Der zweite Brief an die Thessalonicher

Zwar erhebt der zweite Brief an die Thessalonicher den Anspruch, wie der erste Brief  von Paulus, Silvanus und Timotheus verfasst worden zu sein (2 Thess 1,1), doch ergeben sich gerade im Hinblick auf die Endzeitvorstellungen („Eschatologie“) große Unterschiede zum ersten Thessalonicherbrief. Daher geht die Forschung heute davon aus, dass der Verfasser des zweiten Thessalonicherbriefs unter dem Pseudonym des Apostels Paulus geschrieben hat. Wahrscheinlich hat ihm beim Verfassen seines Briefs der erste Thessalonicherbrief als Vorlage gedient.

Aufbau

Auf Anschrift und Gruß in 2 Thess 1,1-2 folgt in 1,3-12 die Sorge des Apostels angesichts der Bedrängnisse, denen die christliche Gemeinde in Thessalonich ausgesetzt ist. Allerdings sind diese Verfolgungen Anzeichen eines göttlichen Gerichts, denn Gott wird an den Bedrängern der Gemeinde Vergeltung üben. Entsprechend 2,1-12 wird es vor dem Ende der Welt zu einem großen Abfall von Gott kommen und der Antichrist wird auftreten, der bisher noch zurückgehalten wird. Der Verfasser ermutigt daher in 2,13-17 die Gemeinde, standhaft im Glauben zu bleiben. In 3,1-15 folgen weitere Anweisungen für die Gemeinde. Der Brief schließt mit einem Segensgruß in 3,16-18.

Entstehung

Der zweite Thessalonicherbrief enthält nur wenige konkrete Angaben, die eine genaue Datierung und Lokalisierung möglich machen würden. Oft wird eine Datierung am Ende des 1. Jh.s. n. Chr. vorgenommen. Abfassungsort ist Kleinasien.

Inhalt

Anlass für den Brief ist das Auftreten von urchristlichen Propheten und die damit verbundene Verwirrung in der Gemeinde. Diese Propheten vertreten die Meinung, dass der Tag der Wiederkunft Christi schon da sei (2 Thess 2,2). Der Verfasser ermahnt die Gemeinde, sich solchen „Schwärmern“, die alles stehen und liegen lassen, nicht anzuschließen. Denn vor der Wiederkunft Christi („Parusie“) muss es nach dem göttlichen Plan zu einem Abfall von Gott kommen und der Antichrist muss auftreten. Da dies noch nicht eingetreten ist, kann die Wiederkunft Christi noch nicht erfolgt sein. Der Verfasser des Briefs sieht in der Verzögerung der Wiederkunft Christi ein Werk Gottes. Die Gemeinde in Thessalonich ist aufgefordert, diese Zeit als Bewährung zu verstehen und im Glauben nicht nachzulassen.