Das Buch Amos

Der Prophet Amos wirkte kurz vor Hosea um 760 v. Chr. im Nordreich Israel, vor allem als Gerichtsprophet in der Hauptstadt Samaria und wahrscheinlich auch am Reichsheiligtum in Bet-El. Amos, der früheste Vertreter der Schriftprophetie, stammt im Unterschied zu Hosea aus dem Südreich Juda, aus Tekoa (ca. 17 km südlich von Jerusalem). Von Beruf ist er Bauer mit einer eigenen Rinder- und Maulbeerfeigenzucht. Im Unterschied zu den am Tempel oder am Königshof berufsmäßig ausgebildeten Propheten, spiegelt seine Sprache die bäuerliche Sprach- und Bildwelt gut wider.

Aufbau

Das Amosbuch kann in vier Abschnitte untergliedert werden. Auf die Überschrift (Am 1,1-2) folgt mit 1,3-2,16 ein Völkerspruchzyklus. Sechs Nachbarvölker (Aram, Philister, Tyrus, Edom, Ammon, Moab) werden von JHWH wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Der Völkerspruchzyklus mündet in Strafankündigungen gegen Juda (2,4-5) und Israel (2,6-16). Hier liegen Verbrechen gegen die Tora JHWHs und gegen die Armen vor. Es folgen mit 3,1-6,14 Unheilsworte gegen das Nordreich Israel, besonders gegen die Hauptstadt Samaria und gegen das Reichsheiligtum von Bet-El. In 7,1-9,6 liegt ein Visionzyklus vor, der in der Zerschlagung des Reichsheiligtums gipfelt. Abschließend folgen in 9,7-15 Heilsworte für Gesamt-Israel. Zusammen mit dem Völkerspruchzyklus bildet der Visionszyklus eine Rahmung um die Unheilsworte gegen Israel.

Entstehung

Die heutige Forschungslage geht davon aus, dass nur wenige authentische Worte dem „historischen“ Amos zugeschrieben werden können. Allgemein wird angenommen, dass der Völkerspruchzyklus zusammen mit dem Visionszyklus den Grundbestand des Amosbuches bildete. Wann dieser Grundbestand Am 1-2.7-9 und die Unheilsworte gegen Israel (3-6) entstanden sind, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall gehen sie auf unterschiedliche Verfasser zurück. Während die Grundkomposition 1-2.7-9 noch vor 722 v. Chr. im Nordreich Israel entstanden sein dürfte, erfolgte die Zusammenstellung mit Am 3-6 wohl erst nach dem Untergang des Nordreichs im Südreich Juda. In der Exilszeit oder auch nachexilisch wurde der Abschnitt 9,7-15 mit den Heilszusagen redaktionell angefügt.

Inhalt

Mit Hilfe des Völkerspruchzyklus und des Visionszyklus legt das Amosbuch die Schwere der Verbrechen offen, die in Israel begangen werden. Es wird Krieg gegen die Schwachen und Armen geführt, so dass Gott, der eine solidarische Gesellschaft möchte, selbst gegen diese Personenkreise mit Hilfe des Gottesgerichts Krieg führen wird. Am 3-6 dient in diesem Zusammenhang nicht nur als Begründung für das Gottesgericht, sondern ruft auch zur Umkehr auf. Insofern besteht die Botschaft des Amosbuches nach Am 1,1-9,6 darin, dass der kommende Gott, der sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzt, als barmherziger (bei Umkehr) oder als richtender (bei Bosheit) Gott erscheint. Der exilisch-nachexilische Zusatz 9,7-15 deutet diese Grundbotschaft, indem der Untergang des Nordreichs (722 v. Chr.) und der Untergang des Südreichs (586 v. Chr.) als Läuterungsprozess verstanden wird, an dessen Ende nicht die Vernichtung, sondern die heilsame Rettung Israels samt seinem Gott JHWH steht.

Zur Person und Berufung Amos

Themen des Amosbuches

Soziale Kritik im Amosbuch